veröffentlicht am 19. März 2013

Mit Geothermie zur Energiewende: Präsentation vier Schweizer Standorte für Pilotprojekte

Anlass
EBL Event 2013: Mit Geothermie zur Energiewende

Organisation
Genossenschaft Elektra Baselland EBL

Datum
Dienstag, 19. März 2013

Ort
Hotel Engel, Liestal, Schweiz

Mit dem beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie hat die Geothermie in der Schweiz weiter an Bedeutung gewonnen. Sechs Jahre nach der Sistierung des Geothermie-Projektes in Basel forciert die Genossenschaft Elektra Baselland (EBL) das Thema weiter. Anlässlich des EBL Events 2013 am 19. März in Liestal stellte die Geo-Energie Suisse AG vier mögliche Standorte für Pilotprojekte der Öffentlichkeit vor.

Die Erdwärme kann in der Schweiz zur Produktion von Strom und Wärme genutzt werden. Die oberflächennahe Geothermie wird bereits heute in Kombination von Erdwärmesonden mit Wärmepumpen zuverlässig zum Beheizen und Kühlen von Gebäuden genutzt. Im Gegensatz dazu dringt die Tiefengeothermie in Tiefen von mehreren tausend Metern vor und kann zur Stromproduktion genutzt werden. In der Schweiz könnte bis 2050 etwa 30 Prozent des Schweizer Energiebedarfs mit Tiefengeothermie abgedeckt werden. In der Schweiz ist bis heute aber noch kein Kraftwerk am Netz.

„Geothermie ist eine zukunftsfähige, umweltfreundliche und erneuerbare Energiequelle.  Das Geothermie-Projekt in Basel hat aufgezeigt, dass Erdwärme zur Stromerzeugung nicht von heute auf Morgen nutzbar gemacht werden kann. Deshalb braucht die Schweiz eine langfristige, national koordinierte Strategie“, betonte Urs Steiner, CEO der EBL, am Dienstag vor den Medien. Um der Geothermie zum Durchbruch zu verhelfen, hat die EBL 2010 zusammen mit sechs anderen Schweizer Energieversorgern die Geo-Energie Suisse AG gegründet – das Schweizer Kompetenzzentrum für Tiefengeothermie zur Strom- und Wärmeproduktion.

Mögliche Standorte für Pilotprojekt identifiziert

Geo-Energie Suisse AG plant bis 2020 mindestens ein Geothermiekraftwerk in der Schweiz als Pilot- und Demonstrationsprojekt. Anlässslich des EBL Events 2013 stellte Dr. Peter Meier, Geschäftsleiter von Geo-Energie Suisse AG, die vier chancenreichen Standorte für Pilotprojekte der Öffentlichkeit vor: Avenches im Kanton Waadt, Etzwilen im Kanton Thurgau, Haute-Sorne im Kanton Jura und die Region Sursee-Mittelland. Die geologischen Voraussetzungen zur Nutzung der Erdwärme sowie die seismischen Risiken wurden in den vier Standorten geprüft und als geeignet befunden. An mindestens einem der vier möglichen Standorte soll ein Pilotprojekt für ein petrothermales Goethermie-Stromkraftwerk entstehen. Die Projekte befinden sich an allen vier Standorten in der Vorprojektphase und werden nun in den nächsten Monaten konkretisiert.

Im Dialog mit der Bevölkerung

„Die Bevölkerung der vier Standorte wurde bereits vor Ort gemeinsam mit Kantonen und Gemeinden über das Vorhaben informiert. In den vier Standorten sollen in den kommenden Monaten Begleitgruppen, bestehend aus Interessensvertretern der Gemeinden, kantonaler Behörden und Verbände, gebildet werden“, erläutert Dr. Peter Meier das Vorgehen an der Medienkonferenz. Die Begleitgruppen dienen als Informationsplattform für technische Detailfragen und ermöglichen, Anliegen der Anspruchsgruppen frühzeitig zu prüfen und soweit möglich in die Planung zu integrieren. Die Akzeptanz der Bevölkerung ist mit ausschlaggebend, ob die Pilot- und Demonstrationsprojekte in den vier Standorten weiterverfolgt werden

Fokus auf Petrothermaler Geothermie

Grundsätzlich können zwei Arten der Tiefengeothermie-Nutzung unterschieden werden: hydrothermale und petrothermale. Bei der hydrothermalen Nutzung werden natürlich heisse Wasservorkommen im Gestein angezapft und in einem Kreislauf nach oben gepumpt. Beim petrothermalen Typ wird erst Wasser mit hohem Druck in den Untergrund gepresst, damit Risse und Klüfte in den Gesteinsschichten entstehen. Durch diese Risse kann nun Wasser gepumpt werden, das die Wärme des Untergrunds in diesem künstlichen Reservoir aufnimmt. Das heisse Wasser gelangt durch eine zweite Bohrung wieder an die Oberfläche, wo es der Stromproduktion dient. „Die Geologie der meisten Gebiete in der Schweiz enthält in den für die Geothermie-Stromproduktion relevanten Tiefen keine wasserführenden Schichten. Wir sind daher davon überzeugt, dass angesichts der Schweizer Geologie vor allem die petrothermale Geothermie bei uns ein wirklich grosses Potential für die Stromproduktion verspricht“, betont Dr. Peter Meier.

Aus Basel gelernt: neues Multiriss‐System

Die Tiefengeothermie erlitt mit dem Bohrprojekt in Basel, welches dort zu leichten Erdschlägen führte, einen herben Rückschlag. Meier erklärt, dass man dank dieser Erfahrung jedoch wertvolle Erkenntnisse erhalten habe und heute eine andere Stimuliertechnik anwende. Mittels Videoanimation erklärte Meier das neue Verfahren, das sogenannte Multiriss-System. Während beim Deep Heat Mining-Projekt in Basel vor fünf Jahren eine grossflächige Stimulation des Untergrundes in einem Arbeitsgang erfolgte, wollen die Geothermie-Experten im Pilotprojekt horizontal in rund 4‘500 Meter Tiefe mit dem sanfter wirkenden Multiriss-System 40 kleinere Wärmeaustauschflächen stimulieren. Damit erwarten die Projektverantwortlichen aufgrund von detaillierten Risikostudien lediglich leichte, schwach wahrnehmbare Erschütterungen, die im Gegensatz zu Basel mit grosser Wahrscheinlichkeit keine Schäden verursachen. Die Erkenntnisse, welche in Basel gewonnen wurden, haben weltweit einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung dieser Technologie geleistet.

Seismik-Monitoring gibt Sicherheit

Mittels Seismik-Monitoring sollen während der geplanten Stimulationen die Erdbewegungen laufend überprüft werden, damit bei einer unerwarteten grösseren Erschütterung die Stimulation sofort gestoppt werden könnte. Eine weitere wichtige Lehre von Basel ist, dass vor dem Projektstart Beweissicherungsmassnahmen an empfindlichen Gebäuden vorgenommen werden und dass das Vorgehen zur Abwicklung von allfälligen Schäden schon im Rahmen der Baubewilligung festgelegt wird.