veröffentlicht am 13. Juli 2021

Schweizer Start-up macht Elektroautos als Stromspeicher für Gebäude nutzbar

Medienmitteilung zur Lancierung von sun2wheel
Dienstag, 13. Juli 2021

Was ist sun2wheel?
Das Ziel von sun2wheel ist es, bidirektionales Laden (V2H/V2G/V2X) als Standard zu etablieren und intelligente Lade- und Speicherlösungen für private Haushalte, Mehrfamilienhäuser oder KMUs anzubieten.

Der Anteil elektrischer Fahrzeuge nimmt sowohl global als auch in der Schweiz rasant zu – genauso wie der Anteil von Strom aus erneuerbaren Ressourcen. Das Jungunternehmen sun2wheel kombiniert die Chancen beider Entwicklungen und macht Batterien von Elektrofahrzeugen als Energiespeicher nutzbar. Die Schweizer Premiere bietet viele neue Möglichkeiten für ein intelligentes Energiemanagement.

Die meiste Zeit sind Fahrzeuge nicht unterwegs, sondern stehen parkiert – in Parkhäusern, zu Hause oder im Büro. Dies gilt auch für Elektrofahrzeuge. Die riesigen Akkus dieser Fahrzeuge haben eine weitaus grössere Speicherkapazität als im Normalfall für die tägliche Mobilität benötigt wird. Die Gründer von sun2wheel haben es sich zum Ziel gemacht, das Potenzial dieser grossen, ungenutzten Batteriespeicher nutzbar zu machen.

Schweizer Technologie ermöglicht bidirektionales Laden

sun2wheel hat eine neue Ladestation entwickelt, mit welcher man Elektroautos nicht nur laden, sondern auch wieder entladen kann. Damit kann der vor Ort produzierte Strom – zum Beispiel von der Photovoltaikanlage vom Dach – im Elektroauto in der Garage gespeichert und direkt im Gebäude wieder genutzt werden (V2H). So lässt sich der Solarstrom zum Beispiel in der Nacht zum Betrieb der elektrischen Verbraucher nutzen und im Idealfall sogar zum Beheizen des Gebäudes mit einer Wärmepumpe. Dank der bidirektionalen Ladetechnologie von sun2wheel können die Elektrofahrzeuge den Solarstrom also neu nicht nur für die nächste Fahrt speichern, sondern auch wieder zurückgeben für alle Stromanwendungen in Gewerbe- und Wohnhäusern.

Eigenverbrauch intelligent steigern

Mit 23 Prozent Marktanteil erreichten Elektroautos und Plug-In Hybride gemäss dem Verband Auto Schweiz im Juni 2021 einen neuen Rekordwert bei den Neuzulassungen. Diese Zahl macht klar: Die Zukunft gehört der elektrischen Mobilität. Dieser Wandel macht nur Sinn, wenn die Elektroautos mit erneuerbarer Energie fahren. Genau hier setzt sun2wheel an: «Mit der bidirektionalen Ladetechnik wird die überschüssige Batteriekapazität der Elektroautos erstmals als Stromspeicher für Gebäude nutzbar. Damit lässt sich der Anteil des Eigenverbrauchs der Photovoltaik-Anlage im Gebäude deutlich steigern», sagt Dominik Müller, zuständig für Marktentwicklung und Vertrieb. Die neu entwickelte Software von sun2wheel optimiert dazu alle Energieflüsse zwischen Fahrzeug, Solaranlage, Batteriespeicher, Gebäude und öffentlichem Netz – gesteuert über eine App. Diese intelligente Integration ist weltweit eine Premiere.

«Mit der bidirektionalen Ladetechnik wird die überschüssige Batteriekapazität der Elektroautos erstmals als Stromspeicher für Gebäude nutzbar.»
Dominik Müller, Marktentwicklung und Vertrieb, sun2wheel AG

Zweites Leben für Batterien aus Elektroautos

Das Ladesystem von sun2wheel lässt sich mit second-use Batteriespeichern aus ausrangierten Elektroautos ergänzen. Diese gebrauchten Elektrofahrzeug-Batterien eignen sich ideal als lokale Stromspeicher und stellen eine ökologische Alternative zu herkömmlichen Speicherlösungen dar. So kommen für die Mobilität ausgediente Batterien zu einem zweiten Leben, machen das gesamte System, z.B. in einer Liegenschaft mit einer Solarstromanlage und einem ZEV, noch effizienter und steigern den Eigenverbrauch zusätzlich.

Bessere Netzstabilität für eine erneuerbare Zukunft

Nicht nur die individuelle Mobilität steht vor einer Wende, sondern auch der Energiesektor ist im Umbruch. Die Entwicklung hin zu erneuerbaren Energien ist ungebrochen und die Produktion von Strom findet zunehmend dezentral mit Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern und an Fassaden statt. Da erneuerbarer Strom über den Tag nicht gleichmässig zur Verfügung steht, stellt der Erhalt der Netzstabilität eine grosse Herausforderung dar. «Die Zwischenspeicherung von lokal produziertem Strom in Elektrofahrzeugen wird hier einen wesentlichen Beitrag leisten, um diese Schwankungen im Netz auszugleichen», zeigt sich Pascal Städeli von sun2wheel überzeugt.

Lade- und Speicherlösungen für verschiedene Gebäudetypen

Das sun2wheel-Ökosystem zeichnet sich durch einen modularen Aufbau aus, wodurch es laufend erweitert werden kann. Das ist besonders für Mehrfamilienhäuser ein zentraler Vorteil. Wohnliegenschaft-Besitzer sowie Gewerbebetriebe können durch die neue V2G-Technologie ihren Solarstrom optimal nutzen und damit die eigene Autarkie steigern. Im gewerblichen Kontext kommt noch ein weiterer Vorteil hinzu: Durch das sogenannte “Peak Shaving” werden Lastspitzen im Betrieb gebrochen, was die Energiekosten senkt.

Grosses Marktpotenzial in der Schweiz

«Das innovative System von sun2wheel setzt neue Massstäbe im Bereich der Lade- und Speicherinfrastruktur. Wir erwarten eine sehr grosse Nachfrage für unser System in einem Markt, der sich aktuell rasch entwickelt. Die Zukunft von bidirektionalem Laden hat soeben erst begonnen», bringt der Elektroautopionier und Mitbegründer Marco Piffaretti die grossen Ambitionen auf den Punkt.

Interview: Im Gespräch mit sun2wheel

Im Gespräch mit Dominik Müller und Pascal Städeli von sun2wheel

Die Elektrifizierung unserer Mobilität ist in vollem Gang und auch der Stromsektor befindet sich im Umbruch:  Worin seht ihr aktuell die grössten Herausforderung und Chancen in diesem Wandel?

Dominik Müller: Die Herausforderungen sind vielschichtig. Zum einen schreitet der Zuwachs bei den Elektrofahrzeugen schnell voran und die Ladeinfrastruktur muss für diese Fahrzeuge verfügbar sein. Auf der anderen Seite gibt es Auswirkungen auf die Strom- und Elektrizitätsversorgung. Hier sind vor allem die Verteilung und die Spitzenlasten eine Herausforderung. Vor diesem Hintergrund haben wir von sun2wheel versucht, eine Lösung zu finden, um die Probleme dieses Wandels zu entschärfen. Ich denke, das ist uns mit der Zwischenspeicherung von Strom in den Fahrzeugbatterien tatsächlich gelungen.

Eure Lösung ist ja eine neue Technologie. Wie ist das System entstanden und was war der Gedanke hinter diesem innovativen Lösungsansatz?

Dominik Müller: Wir alle sind davon überzeugt, dass die Umsetzung der Energiestrategie des Bundes vor allem über die elektrische Energie laufen wird. Zudem muss man die Mobilität, Elektrizität, Wärmeversorgung und Verteilung unter einem Hut bekommen, sprich die Sektorkopplung erreichen. Das Verbindungselement von all diesen Themen ist die Speicherung, egal in welcher Form. Wir müssen Energie speichern und Lastspitzen im Elektrizitätsnetz abbauen können. Wir haben ein System mit bidirektionalen Ladestationen entwickelt, um diese beiden Dinge zu ermöglichen.

Wie schätzt ihr das Potenzial dieser Technologie ein und wohin entwickelt sich der Markt?

Pascal Städeli: Ich denke, unser Markt entwickelt sich zusammen mit gewissen Megatrends. Einerseits kommt man weg von Kohle- und Atomstrom. Gleichzeitig gibt es immer mehr erneuerbare Energien und die Elektromobilität ist im Aufwind. Und bei diesen Entwicklungen sehen wir V2X oder bidirektionales Laden als Schlüsseltechnologie, die wir brauchen werden.

Was sind aktuell die grössten Hindernisse bei der Markteinführung? Und was braucht es, damit die Technologie des bidirektionalen Ladens zum Durchbruch kommt?

Dominik Müller: Die Situation erinnert mich etwas an die Photovoltaik vor 30 Jahren. Es braucht ein gewisses Wissen, was technisch alles möglich ist und was die Investition bringt. Tatsächlich gibt es immer noch Energieberater, welche diese Technologie als Zukunftsmusik bezeichnen. Doch das stimmt nicht. Wir haben ein fertiges Produkt und dies sogar von einer Schweizer Firma. Daher ist die Informationsvermittlung wichtig, damit die Technologie und deren Potenzial bekannter wird.

Wir haben bereits viel über das System und bidirektionales Laden gesprochen. Wie funktioniert das Prinzip dahinter?

Pascal Städeli: Im Grunde genommen machen wir nichts anderes, als dass wir Elektrofahrzeuge nicht nur aufladen, sondern auch wieder Strom aus der Batterie entnehmen. Das machen wir mit einer speziellen bidirektionalen Ladetechnologie. Mit unseren Ladestationen kann man das Fahrzeug ganz einfach als Zwischenspeicher nutzen z.B. für eigenen Solarstrom.

Was sind die Vorteile diese Systems und was kann sun2wheel, das andere nicht können?

Dominik Müller: Wir sind weltweit die einzigen, die eine dreiphasige bidirektionale Ladestation in einem integrierten Komplettsystem anbieten. Auch die intelligente Software und die einfache Steuerung per App bieten einen zusätzlichen Mehrwert.

Pascal Städeli: Ja, das kann ich nur unterstreichen. Bisher hat es niemand geschafft, eine bidirektionale Ladestation im europäischen Raum auf den Markt zu bringen, welche zertifiziert ist und ohne Probleme funktioniert. Auch unsere App sticht hier heraus. Sie ermöglicht den Lade- und Entladevorgang beim Fahrzeug so einzustellen, damit am nächsten Tag die gewünschte Reichweite zur Verfügung steht.

Das klingt spannend. Wo seht ihr den idealen Einsatz für euer System und für welche Kunden ist es eine besonders interessante Lösung?

Dominik Müller: Das System eignet sich für alle Kunden vom Einfamilienhausbesitzer bis zum KMU oder Industriebetrieb. Bei letzteren ist vor allem das Auffangen von Lastspitzen auch finanziell interessant. Im Moment sind es vor allem Kunden, die eine Photovoltaikanlage haben und eine Lösung für die Zwischenspeicherung und Eigenverbrauchsoptimierung suchen, aber nicht in eine stationäre Batterie investieren möchten.

Pascal Städeli: Ergänzend möchte ich sagen, dass unser System modular aufgebaut ist und jederzeit ausgebaut werden kann. Wir haben neben den bidirektionalen Ladestationen auch kleinere AC-Ladestationen und stationäre “second-use” Batteriespeicher im Sortiment, also Fahrzeugbatterien nach ihrem Einsatz im Auto. So kann das System mit den Bedürfnissen des Kunden mitwachsen.

Wenn wir einen Blick in die Zukunft wagen: Wo seht ihr die Technologie und sun2wheel in 10 Jahren?

Pascal Städeli: Wenn die Elektrifizierung der Mobilität und der Wandel hin zu erneuerbaren Energien weiterhin schnell fortschreiten, dann wird man nicht drum herum kommen, unsere Technologie einzusetzen. Es muss möglich sein, dass man Fahrzeuge auch entladen und als Zwischenspeicher für Strom nutzen kann. Nur so können wir eine nachhaltige Mobilität und gleichzeitig eine stabile Stromversorgung sicherstellen.

Dominik Müller: Es ist wichtig, dass auch die Autoindustrie die Relevanz dieser Technologie erkennt. Der VW-Konzern und auch Renault haben angekündigt, dass ab nächstes Jahr V2G zum Standard beim Laden wird.  Es geht also in die richtige Richtung. Unser Ziel ist es, dass sun2wheel in 10 Jahren ein führender Anbieter von bidirektionalen Ladelösungen ist und sich die Technologie auf breiter Front etabliert hat.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Glossar: Die wichtigsten Begriffe erklärt

V2H (Vehicle-to-home)

Bidirektional ladefähige E-Autos können nicht nur elektrische Energie speichern, sondern auch wieder in das Haus einspeisen. Vehicle-to-home ermöglicht somit die Versorgung des eigenen Haushalts mit der gespeicherten Energie aus dem E-Auto.

V2G (Vehicle-to-grid)

Bidirektional ladefähige E-Autos können nicht nur elektrische Energie aus dem Netz entnehmen, sondern als Teil eines intelligenten Energiesystems auch wieder in das Netz einspeisen. Vehicle-to-grid ermöglicht somit eine intelligente Sektorenkopplung.

V2X (Vehicle-to-everything)

Die Technologie ist eine Weiterentwicklung von Vehicle-to-Grid (V2G). Bidirektionale E-Autos können Energie nicht nur für die Fortbewegung speichern, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt und an einem anderen Ort wieder in das Stromnetz abgeben. Mit V2X kann Strom sowohl in das öffentliche Stromnetz als auch in private Stromnetze wie bspw. Bürogebäude oder Privathäuser zurückgeführt werden. Die Verwendung der Fahrzeugbatterien als mobile Energiespeicher geben der Nutzung von Elektroautos und erneuerbarem Strom nochmals eine neue Dimension.

ZEV (Zusammenschluss zum Eigenverbrauch)

Eigentümer von Mehrfamilienhäusern, Büroimmobilien und Gewerbegebäuden können den selbst produzierten Sonnenstrom den Mietern und Miteigentümern zum Eigenverbrauch weiterverkaufen. Die Lösung von sun2wheel schafft die technischen Voraussetzungen für eine korrekte Abrechnung bei einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch.

Über sun2wheel AG

Das Startup sun2wheel AG mit Sitz in Obernau (LU) und Vertriebsbüro in Liestal (BL) wurde im Dezember 2020 gegründet. Das Ziel des Unternehmens ist es, bidirektionales Laden (V2H/V2G) als Standard zu etablieren und intelligente Lade- und Speicherlösungen anzubieten. Elektromobilität-Pionier Marco Piffaretti, IT-Spezialist Sandro Schopfer sowie die Solarexperten Dominik Müller und Pascal Städeli haben ein intelligentes Lade- und Speichersystem (V2X) konzipiert, mit welchem durch Einbindung der Elektromobilität der gesamte Energieverbrauch von privaten Haushalten, Mehrfamilienhäusern oder KMUs optimiert werden kann. In einem nächsten Schritt sollen auch Dienstleistungen zur Stabilisierung des Stromnetzes ermöglicht werden.